Still loving Feminism (Bericht Frauenkonferenz)

Bericht über „Feminismus reloaded“- die Frauenkonferenz des Bezirksverbandes Oberbayern am Samstag, 16. Juli, im Giesinger Bahnhof

IMG_3568Trotz einiger „Konkurrenzveranstaltungen“ wie dem bayernweiten Aktionstag gegen CETA/TTIP und dem Neumitgliedertreffen im Bayerischen Landtag waren zahlreiche (überwiegend weibliche) Grüne Mitglieder anwesend. Nach einer Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer von Gewalt in Nizza und der Türkei startete die Frauenkonferenz mit einem Redeblock. Die Eröffnungsrede hielt Gudrun Lux für den Grünen Stadtverband München. Ihre persönliche und eindringliche Rede kann hier nachgelesen werden:  http://gudrunlux.de/ . „Feminismus reloaded“- das sei dringend angesagt, betonte die Grüne Bayerische Landesvorsitzende Sigi Hagl in ihrem anschließenden Beitrag.  Die Bezirksvorsitzende Agnes Krumwiede erzählte über ihre persönlichen Erfahrungen auf dem Weg zur Feministin und hob die Wichtigkeit und unRede-FrauenkonferenzIMG_3560gebrochene Aktualität frauenpolitischer Inhalte hervor. Ihre Rede kann hier nachgelesen werden.
Einer der Höhepunkte des ersten Teils der Frauenkonferenz war das von Sarah Wetzel (Sprecherin der LAG Queer.Grün.Bayern) moderierte Gespräch zwischen Magarete Bause, MdL und Fraktionsvorsitzende der Grünen Landtagsfraktion, und Katharina Schulze, MdL und stellv. Fraktionsvorsitzende. Was hat sich verändert für Frauen im Landtag von damals bis heute und was IMG_3610muss sich noch verändern? Margarete erzählte vom chauvinistisch geprägten Klima im Landtag ihrer Anfangsjahre. Anhand einiger Beispiele beschrieb Katha daraufhin, wie sie auf verbale Entgleisungen einzelner Kollegen anderer Parteien im Landtag reagiert hat. Margarete bedauerte, dass Frauen in der Politik – und auch bei den Grünen – immer noch ein gespaltenes Verhältnis zur Macht hätten. Katha plädierte für einen stärkeren Zusammenhalt unter Frauen und konkret für ein „Solidarsystem im Netz“.
IMG_3616Letzter Programmpunkt vor der Mittagspause war das Impulsreferat der durch zahlreiche Publikationen zu feministischen und queeren Themen bekannt gewordenen Zara Pfeiffer. „Still loving feminism“ lautete der programmatische Titel ihres interessanten, ebenso unterhaltsamen wie nachdenklich stimmenden Vortrags. Die Rollenbilder seien vielfältiger geworden, beschrieb sie die Entwicklung des Feminismus. Ein Feminismus, der Rassismus nicht ächtet, sei für sie nicht denkbar. Als aktuelles Beispiel nannte sie die aktuelle Reform des Sexualstrafrechtes, welche „durch Rassismus erkauft“ worden sei. Dass Frauenpolitik auch Mädchenpolitik miteinschließt und allein schon der Begriff „Mädchen“ nach wie vor mit Klischees verhaftet ist, veranschaulichte sie anhand einer kurzen Filmeinspielung. Gewalt und Sexismus sei in vielen gesellschaftlichen Gruppen Normalität- dieses Denken müsse durchbrochen werden.

EsIMG_3618IMG_3542 folgte derIMG_3719 erste Block mit vier parallel stattfindenden Workshops. Im Workshop „Quote, Löhne, Arbeitszeit – Arbeits- und Lebenswelt gerecht gestalten!“ mit Beate Walter-Rosenheimer, MdB, und Lydia Dietrich, Stadträtin München, stellte Beate u.a. das Arbeitszeitkonzept der Grünen Bundestagsfraktion vor. Als zentrale „Grüne Visionen“ wurden herausgearbeitet: Zukunftsmodell Quote in der Arbeitswelt und gleichwertige sowie gleich bezahlte Arbeit von Frauen. Lösungen gegen die Altersarmut von Frauen war Thema des Workshops mit Doris Wagner, MdB, und Alexandra Rau, Ludwig-Maximilians-Universität München. Wer sich aus der wissenschaftlichen Perspektive über das Thema Altersarmut  informieren möchte, kann einige von Alexandra Rau auch im Workshop thematisierte Aspekte hier nachlesen: http://www.volkskunde.uni-muenchen.de/forschung/forsch_projekte/prekaerer-ruhestand/index.html. Adäquat zum nachmittags folgenden Workshop „Rahmenbedingungen der Care-Arbeit verbessern“ mit Sabrina Schmitt, Frauenakademie München, ergab sich die Überlegung einer steuerfinanzierten Entlohnung der „Care-Arbeit“. Diese benötige viel mehr Wertschätzung- darin waren sich alle Anwesenden einig!

IMG_3658Um den „schönen Schein“ ging es  im Workshop mit Kristina Gottlöber, Diplom Sozialpädagogin (FH), Einrichtungsleitung Kontakt- und Informationsstelle für Mädchenarbeit IMMA e.V.:  Unter dem Titel „Schöner Schein: Körperoptimierung, Karrieremamas und Gleichberechtigung. Welche gesellschaftlichen Anforderungen erleben Mädchen und junge Frauen heute?“ verdeutlichte Kristina Gottlöber u.a., über welche „Weiblichkeits-Fallen“ Mädchen und Frauen nach wie vor stolpern, wie sie uns durch Rollenstereotype oder sexistische Werbung suggeriert werden und warum Empowerment von Mädchen und jungen Frauen so wichtig für Frauenpolitik ist.

Die Rechte und Ansprüche von Alleinerziehenden standen im Mittelpunkt dIMG_7614es Workshops mit Roswitha Zirngibl von siaf e.V. und Verena Osgyan, MdL, und Sprecherin für Frauen und Gleichstellung. Verena stellte in einem aufschlussreichen Quiz-Format einige Ergebnisse der aktuellen Bertelsmann-Studie vor. Einig waren sich die Anwesenden u.a. in der Notwendigkeit einer Reform des Ehegattensplittings, welches in ein Familiensplitting umgewandelt werden könnte sowie einer Reform des Kindesunterhaltes. Dieser könnte durch eine Kindergrundsicherung ersetzt werden. Kindererziehung sei eine gesamt-gesellschaftliche Aufgabe!

Katharina Schulze 1Nach der Mittagspause wurde in sehr offener und konstruktiver Atmosphäre  im fraueninternen Workshop mit Katharina Schulze über die Situation von Frauen bei den Grünen gesprochen. Als Ergebnisse und „Arbeitsaufträge“ an die Partei wurden zahlreiche Ergebnisse zusammengefasst. Unter anderem sei ein Mentoring für neue Mitglieder und in Konfliktsituationen notwendig. Und: Das Frauenstatut müsse ohne Kompromisse konsequent angewendet werden!

Dem Thema „Gleichstellung und Migration – Überlegungen zu einer antirassistischen feministischen Politik“ widmete sich Lisa Badum (Sprecherin  der LAG Frauen) gemeinsam mit den Teilnehmer*innen ihres Workshops. Brisante Fragen wurden hier diskutiert,Lisa Badum 2 beispielsweise, inwiefern Sexismus in migrantischen Milieus von deutscher Seite kritisiert werden dürfe. Einig waren sich die Teilnehmer*innen, dass die Sozialisation von Migrant*innen und Flüchtlingen nicht ignoriert werden könne, aber keinesfalls Doppelstandards gelten dürften. Unter anderem wurden auch Flüchtlingspatenschaften als eine Möglichkeit erörtert, um gegen häusliche Gewalt in Flüchtlingsfamilien einwirken zu können.

Ebenfalls in einem fraueninternen Workshop gab es Tipps von Ina Machold (freiberufliche Kommunikationstrainerin und Frauenreferentin Grüne Bayern) zu Argumentationen und Selbstbehauptung für Frauen in politischen Gremien. Unter dem Titel „Frauen in Europa – GLEICH sind wir am Ziel?!“ gestalteten Henrike Hahn, Mitglied im Landesausschuss, und Antje Wagner, Vorstandsmitglied im Bezirksverband IMG_3741IMG_7621Antje WagnerOberbayern, einen Workshop zur Situation von Frauen in anderen europäischen Ländern und diskutierten mit den Teilnehmerinnen notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Frauen in Deutschland. Parallel dazu referierte Anna Schmidhuber (Grüne Jugend Bayern) zum Thema ihrer Diplomarbeit „Die Frauenquote in deutschen Parteien und ihre Auswirkungen auf den Frauenanteil im Deutschen Bundestag“ und leitete die anschließende Diskussion darüber, wie die Forderung nach „Mehr Frauen an die Macht“ Wirklichkeit werden kann in deutschen Parlamenten.

Zum Abschluss der Frauenkonferenz wurden die Ergebnisse der Workshops im Plenum vorgestellt. Antje beendete für den Bezirksverband die Frauenkonferenz, es wurden Sonnenblumen und den Referentinnen wurden von Madeleine Eilenstein (Vorsitzende des Ortsverbandes Oberschleißheim) liebevoll verpackte Präsente überreicht.

 

IMG_7632Die politischen Handlungsergebnisse dieser Konferenz werden in einer frauenpolitischen Resolution des Bezirksverbandes Oberbayern zusammengefasst.